Der Schriftsteller Jean-Paul Sartre schrieb einmal: »Vielleicht gibt es schönere Zeiten; aber diese ist die unsere.« Ab und an, insbesondere in den vergangenen zweieinhalb Jahren, muss und musste Charlotte Tappmeier an diesen Satz denken. Denn er erinnert einen daran, dass trotz Unschönem, gar Schrecklichem, dennoch nicht die Momente der Komik, des Genusses oder der Idylle verstreichen dürfen. In diesen unseren Zeiten greift Charlotte Tappmeier gerne zu dem Buch »Barbara stirbt nicht« von Alina Bronsky. Hier findet sie eine Balance zwischen Schwermut und Leichtigkeit.
Walter Schmidt ist ein Mann alter Schule: Er hat die Rente erreicht, ohne zu wissen, wie man sich eine Tütensuppe macht und ohne jemals einen Staubsauger bedient zu haben. Schließlich war da immer seine Ehefrau Barbara. Doch eines Freitagmorgens ist Barbara nicht mehr Barbara. Barbara ist krank. Eigentlich weiß niemand so richtig, was sie hat. Wir wissen, dass sie nicht mehr aufrecht stehen kann und im Bett liegen muss. Herr Schmidt – so nennt ihn Alina Bronsky liebevoll – ist auch nicht an einer weiteren Diagnostik interessiert. Denn er ist unsensibel, unhöflich, stur und irgendwie weltfremd. Und TROTZDEM (an dieser Stelle mit Großbuchstaben geschrieben, um dem Satz die nötige Dramatik zu verleihen) fühlt sich Charlotte Tappmeier mit diesem unsympathischen Helden des Romans verbunden. Nicht weil er ihr in irgendeiner Weise ähnlich ist – um Gottes Willen (!!!) – sondern weil er ihr beizeiten ans Herz gewachsen ist. Stets momenthaft und zart. Denn das Band der Verbundenheit ist dünn und wird mit jeder weiteren ungehobelten Bemerkung von Herrn Schmidt dünner, aber es bleibt bis zum Ende da.
Das Ende selbst sowie auch Barbaras Krankheit bleiben offen. Ein ungelöstes Rätsel, über das viel gesprochen wird, aber nie zum erleuchtenden Abschluss kommt. Genauso agiert auch Herr Schmidt selbst, in dessen Gedankenwelt man gefangen ist und eigentlich auch nicht entkommen kann, später vielleicht auch nicht mehr entkommen möchte.
Herr Schmidt hat viele Fragen, stößt allerdings auf wenige Antworten. Nicht nur vom Kaffeekochen hat der altmodische Walter keine Ahnung. Er weiß nicht mal, wie man die eingefrorenen Produkte auftauen und aufwärmen kann. Die neue Situation stellt ihn auf eine harte Probe und er muss sich als Ehemann, Vater und Hausmann beweisen – alles Rollen, denen er sich zuvor keineswegs zugehörig gefühlt hat. Aber Herr Schmidt ist lernfähig. Langsam!
Danke für diese im Grunde traurige Geschichte, die aber mit Situationskomik und schwarzem Humor gesüßt ist, sodass Charlotte Tappmeier sich in diesen unseren Zeiten kurzzeitig darin verstecken darf.