Buchauslese »Das wirkliche Leben«

»Das wirkliche Leben« von Adeline Dieudonné hat auch durch eine Empfehlung zu der Studentin Laura Hansen gefunden:

Nachdem die Buchhändlerin meines Vertrauens (@eileen_merkler von mondo in Bielefeld) mir davon erzählt hatte, lag es eine Weile auf meinem Bücherstapel, bis ich es schließlich auf einer längeren Zugfahrt zur Hand nahm und nicht mehr weglegen konnte. Meine Reisebegleitung (und etwa ein ICE-Abteil) würde bestätigen, dass ich beim Lesen geschmunzelt, geschluchzt und ab und zu schockiert die Luft angehalten oder wütend vor mich hingeschnaubt habe – dieses Buch hat mich auf keinen Fall kaltgelassen. Der Roman erzählt schonungslos und eindrücklich die Geschichte einer namenlosen Protagonistin, die sich mit Fantasie, Intelligenz und Mut in ihrem äußerst brutalen Umfeld behauptet.  

Zunächst scheint von außen alles normal und beinahe idyllisch: eine Reihenhaussiedlung am Waldrand, Vater, Mutter und zwei Kinder und jeden Abend fährt der Eiswagen durch die Straßen. Doch in diesem Reihenhaus gibt es ein Zimmer nur für Tierkadaver, einen Vater, der vor allem die Großwildjagd liebt und seine Familie tyrannisiert, eine resignierte und verängstigte Mutter, einen traumatisierten kleinen Bruder und die Erzählerin, die versucht diesen Bruder so gut sie kann vor der allgegenwärtigen Grausamkeit zu beschützen.  

Nach einem schrecklichen Unfall, dessen Zeuge die Geschwister werden, arbeitet die Protagonistin unermüdlich an einem Plan, die Zeit zurückzudrehen, um ihrem Bruder seine kindliche Unbeschwertheit zurückzugeben. Dabei tritt neben ihrer Entschlossenheit auch eine große naturwissenschaftliche Begabung zu Tage, die auch ihrem Umfeld nicht entgeht. Während sie dieser Teil ihres Lebens bestärkt und ihr Selbstsicherheit gibt, verheimlicht sie ihn genau deshalb vor ihrer Familie und macht sich dort immer kleiner und unsichtbarer, um der Aufmerksamkeit und Wut ihres Vaters zu entgehen, dem sie, je älter und weiblicher sie wird, immer häufiger als Zielscheibe dient.  

Ohne dabei selbst zu verrohen, setzt diese Heldin sich gegen die Gewalt und Gleichgültigkeit, die sie von allen Seiten umgibt, zur Wehr. Adeline Dieudonné beschreibt die fesselnde und rasante Handlung in einer klaren, einfachen Sprache und obwohl der Text in seiner Brutalität oft schwer zu ertragen ist, hat er mich, wenn auch aufgewühlt, seltsam versöhnlich zurückgelassen. Ganz ohne Kitsch und ohne der Handlung etwas von ihrer Wucht zu nehmen, bestärkt dieses Buch und macht Hoffnung auf eine andere Welt.  

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