Das erste »richtige« Buch, das Sarah Bloch alleine gelesen hat, war Astrid Lindgrens »Ronja Räubertochter«. Richtig hieß damals vor allem, dass es viele Seiten – immerhin 237! – und mehr Text als Bilder hatte. Aber seitdem hat es sich als wahres Schatzkästchen erwiesen.
Astrid Lindgrens Figuren und Erzählungen sind kein Geheimtipp, sondern weltbekannt und überaus beliebt. Aber es gibt Bücher, die es verdient haben, von Zeit zu Zeit in Erinnerung gerufen zu werden – und dazu gehört »Ronja Räubertochter«.
»In der Nacht, als Ronja geboren wurde, rollte der Donner über die Berge, ja, es war eine Gewitternacht, daß sich selbst alle Unholde, die im Mattiswald hausten, erschrocken in ihre Höhlen und Schlupfwinkel verkrochen.« Märchenhaft und fast ein bisschen düster beginnt die 1981 erschienene Geschichte und bewegt sich damit genau an jener, für Astrid Lindgren so typischen Grenze zwischen Fantasie und Realität. Ronja Räubertochter wächst auf der Mattisburg mitten im Wald zwischen allerlei fantastischen Wesen auf. Auf einer ihrer Erkundungstouren trifft sie Birk, den Räubersohn aus der verfeindeten Borka-Sippe, und die beiden freunden sich gegen den Willen der Eltern miteinander an.
Liebevoll gezeichnete Figuren wie Glatzen-Per, der für sein fortgeschrittenes Alter geradezu unnatürlich hohe Freudensprünge macht und dabei schon mal versehentlich einen kleinen Furz fahren lässt, und mythische Graugnome, die abscheulichsten, kleinen Lebewesen, die jemals ein Kind zu Tode erschreckt haben, haben mich das Buch und Ronja Räubertochters Welt lieben gelehrt. Sätze wie »Dieser schreckliche Eisklumpen, den sie die ganze Zeit in sich getragen hatte, wie konnte ihr Vater ihn nur mit ein paar Worten wie ein Frühlingsbach zum Schmelzen bringen.« haben es damals aber auch geschafft, konfuse Gefühle in klare Bilder zu fassen. Aber wieviel mehr gab es auch später zu entdecken.
Da ist die nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit »Romeo und Julia«, der Einfluss von Henry David Thoreaus »Walden oder Leben in den Wäldern«, aber auch die Frage nach Emanzipation und Unabhängigkeit von Kindern und speziell von Mädchen. Erst im Nachhinein, wenn man das Gelesene noch einmal Revue passieren lässt, oder beim zweiten und dritten Lesen offenbart sich die Vielschichtigkeit des Buchs. Und so schenkt Astrid Lindgrens »Ronja Räubertochter« mir noch immer und bei jedem Lesen Freude und kleine Entdeckungen.