Das Literaturbüro OWL hat seine Büroräume und einen Veranstaltungssaal im sogenannten Haus Münsterberg. Die Villa im Stil der Münchner Neorenaissance wurde nach dem Kunstsammler und Mäzen, Kaufmann und Wissenschaftler Oscar Münsterberg benannt. Oscar Münsterberg, 1865 in Danzig als Sohn jüdischer Eltern geboren und als junger Erwachsener zum Christentum konvertiert, kam 1886 als Direktor der Druckerei Klingenberg nach Detmold. Im selben Jahr erwarb er die Villa, die 1840 erbaut worden war, und wohnte in dem Haus bis er Detmold 1896 wieder verließ. Münsterberg wurde zum Namensgeber, da er um 1890 zahlreiche Möbel und Spolien verschiedener Stile und Jahrhunderte auf seinen Reisen sammelte und mit diesen die einzigartige Ausstattung des Hauses an der Hornschen Straße 38 schuf: Kassettendecken, Wandvertäfelungen, Türen, Türschlösser, Treppengeländer, Öfen, Delfter Fliesen, neoromanische Türklopfer wurden eingebaut, angepasst und teilweise handwerklich ergänzt.
Vom Wohn- zum Abrisshaus
Nach seinem Weggang aus Detmold vermietete Oscar Münsterberg das Haus von 1898 bis 1906 an einen Oberstabsarzt, 1917 an das Fürstliche Konservatorium für Musik, Theater und Redekunst, das seinen Sitz dort bis 1942 hatte. Nach Münsterbergs Tod 1920 erbte seine Frau Helen Rice das Haus, die es nach ihrer zweiten Heirat 1935 ihren Kindern überschrieb. Aus dem Exil in den USA beauftragten Münsterbergs Kinder einen Makler mit dem Verkauf des Hauses, der 1942 für 30.000 Reichsmark an das Deutsche Rote Kreuz erfolgte. 1951 wurde der Kaufvertrag von der Jewish Trust Corporation geprüft, Oscar Münsterbergs Kinder schickten eine Verzichtserklärung, in der sie die rechtmäßige Zahlung der Kaufsumme bestätigten. Die Detmolder Niederlassung des Deutschen Roten Kreuzes hatte in der Villa Münsterberg weiterhin ihren Sitz, bis das Haus 1981 von der Stadt Detmold übernommen wurde – und für eine geänderte Straßenführung abgerissen werden sollte.
1986: Das Haus Münsterberg wird verschoben
Die Abrisspläne der Stadt Detmold stießen jedoch auf Widerstand: Bürger*innen, Denkmalschützer*innen und Politiker*innen setzten sich in einem langwierigen Prozess für den Erhalt des Hauses Münsterberg ein. Dennoch stimmte der Stadtrat im Dezember 1983 für einen Abriss. Der Widerstand der Bürger*innen und aller, die sich für den Erhalt des Hauses einsetzten, führte zu überregionalem Aufsehen. Ein Bauunternehmer, der sich im Ruhrgebiet auf das Verschieben von durch den Tagebau bedrohten Häusern spezialisiert hatte, wurde auf den ‹Fall Haus Münsterberg› aufmerksam. Er machte dem Detmolder Rat das Angebot, das Haus auf eigene Kosten zu verschieben, da dies ein ideales Prestigeobjekt für sein Unternehmen war. Der Stadtrat nahm den Vorschlag an und 1986 wurde das Haus um rund sieben Meter verschoben. In den Folgejahren führte man eine umfassende Sanierung des Gebäudes durch, so dass in den Innenräumen die farbige Raumgestaltung und Ausstattung aus der Zeit Oscar Münsterbergs erhalten bleiben und teilweise wiederhergestellt werden konnte.
Nach einem Dasein als Wohnhaus, Leerstandsgebäude, Fürstlichem Konservatorium, Rot-Kreuz-Haus, Abrisskandidat und Zankapfel sowie Verschiebungsobjekt ist das Haus Münsterberg heute der Sitz des Literaturbüros OWL, des Literatur- und Musikfestivals ‹Wege durch das Land› und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe.
Im Rahmen der Reihe ‹Lippische Kulturlandschaften› ist 2017 eine Broschüre über das Haus Münsterberg erschienen. Das Heft gibt in Text und zahlreichen Abbildungen Informationen zur Architektur, Inneneinrichtung und Geschichte des Hauses sowie zu seinem prägenden Bewohner Oscar Münsterberg.