Buchauslese »Ein offenes Buch«

»Ein offenes Buch – Von idealen Körpern, perfektem Sex und anderen Mythen« von Lara Ermer ist genau, was der Titel verspricht: knallhart ehrlich und eben auch offen. Für unsere Rezensentin Joy Hansen (Praktikantin Lektora-Verlag) gelingt es Lara Ermer ganz wunderbar eine erfrischend menschliche Darstellung von Sex, körperlichen Besonderheiten und deren sozialen Anforderungen in einem Buch zusammenzufassen. Mit Hilfe von humorvollen und tabulosen Anekdoten, aber auch wissenschaftlichen Anmerkungen rückt die Autorin das Thema Sex in ein Licht von offener Verwundbarkeit und schafft es dabei, keineswegs plump oder anstößig rüberzukommen. Die in Frankfurt lebende Poetry-Slammerin hat mit ihrem Debut ein Werk geschaffen, das seinesgleichen sucht.

Schon das Cover des Buches gibt Hinweise auf dessen Inhalt. Es ist geschmückt von einem undurchdringlichen Urwald, in dem sich Menstruationshilfen, Busen, Verhütungsmittel oder aber auch Körperbehaarung verstecken. All diese Themen, aber auch noch viel mehr können in ihrem »Offenen Buch« gefunden werden.

Lara Ermer hat ihr Buch als eine Sammlung von Erzählungen gestaltet, die durch die persönliche Meinung der Autorin und ihre Erfahrungen ergänzt werden. »Ein offenes Buch« beginnt mit dem wohl meist diskutiertesten Thema von Menschen mit Vagina, der Menstruation. Ermer schafft es, den Leser*innen die Sinnlosigkeit darzustellen, mit der unsere Gesellschaft Menstruation behandelt. Angefangen mit der ehemaligen 19%igen Mehrwertsteuer für Luxusgüter, bis hin zum pinken Gummihandschuh zur korrekten Entsorgung von genutzten Menstruationsprodukten, damit bloß nicht bekannt wird, dass Menschen mit Vagina einmal im Monat bluten. Der folgende Satz aus dem Text zu Menstruation zeigt diese Absurdität auf einschlägige Weise: »Ein erwachsener Mann, der Angst vor einem Karton hat.« Bei diesem Karton handelte es sich nicht etwa um eine Bombe oder Ähnliches, nein, es war von Tampons die Rede.

Dies und noch viel mehr wird von Lara Ermer in ihrem Buch behandelt. Die Autorin geht zum Beispiel auf die Ratlosigkeit bei der Benutzung von Sextoys ein, bekämpft die Zweifel, die mit der Veränderung des Körpers in der Pubertät entstehen, oder beschäftigt sich mit dem Schamgefühl bei Nacktheit. Aber nicht nur Sextoys, Pubertät und Nacktheit werden von Ermer thematisiert, sondern auch prekärere Themen wie sexuell übertragbare Krankheiten oder Fetische und Kinks. All dies tut sie mit einem Händchen für beispiellose Ironie, die den Leser*innen deutlich macht, dass die gesellschaftlichen Regeln und Vorstellungen, an die wir uns halten sollen, doch nur eben vom Menschen erfunden wurden.

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