Buchauslese »Schwarzer Tee mit drei Stück Zucker«

Unsere Rezensentin Jasmin Buff (Praktikantin Lektora-Verlag) bekennt sich schuldig: Ich gehöre zu denjenigen, die Bücher nach ihrem Cover beurteilen. Das Cover, das mich anspricht, ist bunt, fantasievoll oder niedlich. Renan Demirkans Buch »Schwarzer Tee mit drei Stück Zucker« fällt mit seinem düsteren Look definitiv durch mein Raster. Die Autorin blickt mir mit ernster Miene entgegen und ich kann nur vermuten, was dieser Blick mir sagen soll. Wie sehr ich mich mit meinem Vorurteil mal wieder getäuscht habe, wird mir bewusst, als ich die Lektüre in wenigen Stunden durchgelesen habe – lediglich mit kurzer Pause für mein Mittagessen.

Renan Demirkan verwendet einen besonderen Schreibstil. So spricht sie von sich selbst meistens in der dritten Person und bricht nur selten aus diesem Schema aus, um in der Ich-Perspektive zu schreiben. Wer – so wie ich – aufmerksam beobachtet, der mag an dieser Stelle leicht verwundert sein, denn es scheint keinen höheren Sinn hinter diesem Wechsel zu geben. Mich fesseln die einzelnen Abschnitte besonders dann, wenn ich rätseln darf, von wem die Autorin gerade spricht. Nicht nur ihre Eltern spielen in ihrer Erzählung eine entscheidende Rolle. Auch die Eier-Tatta prägte Demirkans Entwicklung und die ihrer Schwester maßgeblich. Von ihr lernten die beiden für sie noch fremde Tischsitten wie z. B., dass die Füße beim Essen unter den Tisch gehören, und das klassische Abend-Brot kennen. Aus der Schule der Mädchen flossen auch langsam deutsche Feiertagsbräuche in die aus Anatolien stammende vierköpfige Familie mit ein.

Auf Renan Demirkans Weg begleitet sie eines ganz besonders: die Suche nach ihrem Platz im Leben. Als junge Erwachsene ist sie noch nicht am Ende ihrer Suche und erkennt: »Ich weiß nicht, was Heimat ist. Ein Haltegriff vielleicht, um nicht umzufallen.« Mit dem Wissen um ihre Kindheit und Jugend ist dies ein beeindruckendes Zitat, weil die Autorin gerade in dieser Zeit wenig Konstanten und Vertrauenspersonen hat. Am Ende ihrer Erzählung und mit der Geburt ihrer ersten Tochter erweckt Demirkan den Eindruck, mit ihrer Vergangenheit letztendlich im Reinen zu sein, obwohl für mich viele Fragen offenbleiben. Die Autorin verliert kein Wort darüber, wer der Vater ihres Kindes ist oder wie sie es im Detail bis dorthin geschafft hat. Damit hat sie zumindest in mir den Drang erweckt, selbst nachzuforschen und tiefer in das Leben einer äußerst interessanten türkisch-deutschen Frau einzusteigen.

Ich kann nur sagen, dass Renan Demirkan mit ihrem ersten Roman »Schwarzer Tee mit drei Stück Zucker« ein fesselndes und aufschlussreiches Buch verfasst hat. Ihre Einblicke zeigen ein Leben einer jungen Türkin in Deutschland, welches nicht nur durch Unsicherheiten geprägt ist, sondern auch durch Anfeindungen aufgrund ihrer Herkunft. Meinen Horizont hat die Autorin erweitert und mir wieder einmal vor Augen geführt, was für ein Privileg ich mit meiner Herkunft, meiner Familie und den damit verbundenen Freiheiten habe.

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