Welche Geschichten gab es in Lemgo für den Autor Thomas Pletzinger zu entdecken? Und wie beschrieb im Gegensatz dazu der in Lemgo geborene Forschungsreisende Engelbert Kaempfer seine Erlebnisse im Orient des 17. Jahrhunderts? In ihren Lesungen stellen Thomas Pletzinger und August Zirner den Blick nach und aus Lemgo gegenüber.
Im August letzten Jahres machte sich Thomas Pletzinger auf den Weg nach Ostwestfalen-Lippe, genauer gesagt nach Lemgo. Auf seinen Streifzügen durch die Stadt näherte der Schriftsteller sich bekannten und weniger bekannten Orten und versuchte zu ergründen, was die Alte Hansestadt ausmacht. »Es ist immer eine interessante Herausforderung, sich einem für mich gänzlich unbeschrieben Ort mit dem Notizbuch zu nähern. Welche Geschichte drängt sich auf, was wird erst auf den zweiten Blick sichtbar?«, verriet er vorab.
Thomas Pletzinger versteht es, genau hinzuschauen, den Dingen nachzugehen und im Offensichtlichen das Überraschende zu entdecken. Seine Eindrücke, die Begegnungen mit Menschen in Lemgo und Gedanken, die ihn während seines Aufenthalts umtrieben, waren Ausgangspunkt seiner Auftragsarbeit. Ein Jahr später spiegelt die Geschichte des Textes aber auch die Geschichte der Pandemie, »so oft verschoben und fast aus einem anderen Leben«, schreibt Thomas Pletzinger. Im Alten Ratssaal von Lemgo erlebt der Text seine Premiere.
Das genaue Hinsehen war auch dem Lemgoer Arzt Engelbert Kaempfer, der posthum als einer der bedeutendsten deutschen Orientreisenden des 17. Jahrhunderts gilt, zu eigen. Seine fast zehnjährige Forschungsreise von 1683 bis 1693 führte ihn über Russland und Persien in das damals für Europäer*innen unzugängliche Japan. Seine detaillierten Beobachtungen zu Menschen, Herrschaftsstrukturen, Schrift und Sprache, botanischen Phänomenen oder medizinischen Aspekten der bereisten Länder wurden zu Klassikern. Für Kaempfer zählte nur die eigene Erfahrung, er »koche … nicht von anderen gekochten Kohl wieder auf«. Der Schauspieler August Zirner liest aus den großen Werken Kaempfers, den »Amoenitates« und dem Japanwerk, sowie aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen.