Ganz schön menschlich
Die Schauspieler*innen ChrisTine Urspruch und Tom Jacobs lesen Texte von und über Künstliche Intelligenz. Die Lesungen werden von KI-gestützten Kompositionen des DJ und Beat-Produzenten Cut Spencer begleitet.
Wird von Künstlicher Intelligenz gesprochen, dann spaltet sich die Gesellschaftsmeinung mindestens in zwei Lager – und das nicht erst seit dem Aufkommen des omnipräsenten Tools ChatGPT. Für die einen sind die digitalen Entwicklungen ein bedeutender Schritt in die Zukunft und verheißen eine innovative Wegweisung, auch in Sachen Kunst. Für die anderen ploppt unwillkürlich der Gedanke an eine Welt auf, in der die Menschen von Maschinen bestimmt und gesteuert werden. Während Letztere mit der KI-Entwicklung häufig auch gleichzeitig den Untergang des Abend- und Morgenlandes beschwören, wird Ersteren vorgeworfen, sehenden Auges und viel zu gutgläubig zu Sklav*innen des digitalen Fortschritts zu werden. Diese unterschiedlichen Perspektiven finden sich auch in der Literatur und kommen an dem Abend im Alten Wartesaal zu Wort.
Eröffnet wird die Veranstaltung mit einer der ersten Erwähnungen von Maschinenintelligenz in der Literatur: bereits 1872 beschreibt Samuel Butler in seinem satirischen Roman »Erewhon« ein fiktives Land, in dem sich die Menschen vor Maschinen jeglicher Art fürchten, da sie ein Bewusstsein entwickeln und die Menschheit als dominierende Spezies ablösen könnten. Der zweite Text wird mit Chat GPT eigens für die Lesung geschrieben: mit künstlicher Intelligenz entsteht eine Fortsetzung des ca. 150jährigen Romans. Haben die Maschinen tatsächlich die Kontrolle in Erewhon übernommen und was wurde aus dem Protagonisten Higgs nach seiner Flucht im Heißluftballon? In dem dritten Text der Veranstaltung geht der Blick in die Zukunft: Die Kurzgeschichte »Ich bin dein Mensch« von Emma Braslavsky aus dem Jahr 2017 thematisiert Möglichkeiten und Grenzen der Liebe zu Beziehungs-Hubots in der (vielleicht nicht allzu) fernen Zukunft.